6. August, wir fahren nach Neuruppin! Zustiege in Bingen von Jürgen und Rainer, in Ingelheim von Hajo, Georg und mir und schließlich in Frankfurt von Stefan – und wir sind komplett. Die Herren sind überwiegend hervorragend vorbereitet, Jürgen öffnet die besten Getränke, ebenso Rainer, jeder hat ein feines Glas oder gar Silber dabei, unser Benjamin Georg allerdings leider nur einen Zahnputzbecher, so dass der einwandfreie Stil einstweilen im Zug noch etwas leidet. Die Zugfahrt verläuft fröhlich und umsteigekomplikationslos, nur Mutmaßungen über eine*n Schaffner*in geben uns zu denken.

In Neuruppin werden wir am Bahnhof abgeholt und sehr freundlich empfangen, auf der Terrasse ist schon die Kaffeetafel vorbereitet und wir werden mit frisch gebackenem Pflaumenkuchen verwöhnt. Unser Hotel, das Alte Kasino, liegt nur einen Katzensprung entfernt vom Ruderverein und direkt am See. Nach Kaffee, Kuchen und Hotel treffen wir uns noch einmal am Bootshaus für eine kleine Tour am Abend. Ein Doppelzweier, in dem ich erfahre, was wiiiiirklich ruuuuhiges Rudern ist, und ein von Reiner aus Neuruppin gesteuerter Doppelvierer werden zu Wasser gelassen und wir rudern bei schönstem Wasser in die dem Bootshaus gegenüber liegende Lanke und anschließend Richtung Altruppin; wunderschöne Aussichten sowie die Erkenntnis, dass auch Neuruppin eine Turmgleiche vorzuweisen hat, sorgen nach der langen Zugfahrt für beste Stimmung in den Booten. Anschließend gab es noch ein Bier am Bootshaus, es wurde spät und später und einstweilen war dank der gemütlichen Stimmung kein Abendessen in Sicht. Irgendjemandes Gebete wurden erhört und plötzlich standen heiße Wiener Würstchen vor uns! In Überschätzung der Notlage konnte man jahrzehntelang standhafte Fleischverweigerer dann doch zuschlagen sehen, was bitte ein Geheimnis dieser Fahrt bleiben mag. Irgendwann, die Tische des Lokals wurden bereits abgedeckt, sind wir dann doch noch beim Italiener gelandet, Jürgen parlierte direkt auf Italienisch los und es gab übergroße Portionen für überhungrige Mägen. Nicht die beste Voraussetzung für eine gute Nachtruhe.

Am nächsten Morgen musste Rainer zahnärztlich versorgt werden und sein Vertrauen in Hajos Behelfsmethoden reichte wohl nicht aus. Dank der Neuruppiner Kontakte und seiner und Reiners Fähigkeit, Zahnarzthelferinnen zu becircen, war er aber zeitig wieder zurück und es wurde eine Tour mit den Booten des Vorabends nach Wustrau-Altfriesack angesetzt, wieder begleitete uns der ortskundige Reiner. Auch an diesem Tag bestes Wasser, die Tour führte durch den Ruppiner See vorbei an Gnewikow, Seehof und Karwe und dem ehemaligen Zietenschloss, der heutigen Richterakademie, bis zur Schleuse nach Altfriesack. Stefan und Jürgen, die ein superstarkes Team im Doppelzweier waren, konnten es nicht abwarten und legten vor der Schleuse im absoluten Halteverbot an, was sofort zu einem mürrischen Rüffel des Schleusenwärters der idyllischen Anlage führte. Nach einem kurzen Vertreten der Beine übergab Reiner aus Neuruppin das Steuer an Rainer aus Bingen und sorgte nach der Ankündigung „Ick bin’n Rennpferd!“ für gewaltigen Vortrieb, der uns alle arg ins Schwitzen brachte. Der Doppelzweier zuckte nicht und hielt sich dauerhaft gleichauf, alle Achtung! Da waren wohl zwei Rennpferde an Bord.
Nachmittags gab es Privatprogramm, also Mittagsschlaf, einen Schoppen, Kulturprogramm oder Arbeit am Computer. Abends landeten wir nach einer kurzen Besichtigung der spätgotischen Siechenhauskapelle sehr gemütlich im puppenstubenhaften Lokal „up hus“ und wurden Zeugen einer Sitzung des SPD-Ortsverbandes am Nebentisch.

Für den nächsten Morgen hatte Reiner zu unserer Betreuung für die längste Tour der Reise zwei sehr freundliche Kameradinnen engagiert, Brigitte und Heidi. Die Strecke führte wieder vorbei an Altruppin durch den schmalen Rhin bis zur Schleuse Neumühle, wo uns leider der Regen kurz und heftig überraschte. Nicht schlimm, es gab Trost: Die Schleusenwärterin war so zauberhaft, dass wohl niemand nicht hingerissen war! Eine schöne Überraschung nach der kauzigen Begegnung mit ihrem Kollegen am Vortag. Vom Molchowsee ging es durch den ebenso schönen Tietzensee und den Zermützelsee, es folgte das wunderschöne Rottstielfliess mit enger Passage in den beschaulichen Tornowsee, an dessen Ende wir in einer kleinen Bucht nahe der Boltenmühle kurz anlegten, um aber dann doch zügig zur Mittagsrast zurück zur Waldschenke in Stendenitz zu rudern. Der gefühlt meterhohe Steg verlangte Körpergefühl und Mut, wurde aber anstandslos von allen gemeistert! Im psychedelisch dekorierten Künstlerlokal verbrachten wir eine gemütliche Mittagspause auf der Veranda, wonach auch der Abstieg vom Steg zurück ins Boot erneut unfallfrei gelang. Hajo steuerte nun souverän um alle Hindernisse herum, wir überholten im langen Sprint sogar ein Hausboot, um dann aus bester Position wieder in die Schleuse einfahren zu können, in der, Hurra!, immer noch die schöne Wärterin ihren Dienst mit Geduld und Humor ausführte. Für uns hatte sie die nur wenig überraschende Information, dass „andere“ Ruderer sich in der Schleuse gerne lautstark untereinander anschreien. Unter diesem Aspekt haben wir uns zumindest gut geschlagen. Trotz Schleusenanspannung blieb es leise im Boot, stattdessen wurde nach weiteren Dienstzeiten gefragt und, tolle Nachricht, übermorgen schon würde man sich auf der geplanten Rückfahrt wieder sehen! Ein sanftes Lächeln in zufriedenen Gesichtern war zu beobachten. Hach!
Auf dem weiteren Rückweg kam uns der Wind ordentlich in die Quere und wir hatten wirklich schwer zu schaffen, haben uns aber doch irgendwie durchgekämpft. Heidi und Brigitte ließen sich noch zu einem Abschlussgetränk auf der Terrasse unseres Hotels überreden und nach kleinen Umständlichkeiten und Umwegen landeten wir schließlich doch beim Italiener des ersten Abends, wo auch der Italiener in Jürgen wieder durchkam, der Sprache manchmal zugetaner als der Kellner, während Hajo Lateinisch grübelte und Georg die Pizza seines Lebens verspeiste.
Für den nächsten Tag stand noch eine Tour nach Lindow an, wo die Boote liegen blieben, um am letzten Tag dann wieder zurück gerudert zu werden. In Lindow wartete ein tolles Picknick auf die Gruppe, das ich aber nur noch von Fotos kenne, da ich bereits auf dem Heimweg war. Und so kann ich auch nicht überliefern, ob sich in der Schleuse alle Binger weiterhin gut benommen haben, oder ob doch jemand an den Ohren gezogen werden musste. 
Der letzte Abend klang gemütlich mit Reiner und seiner Frau Angela aus, denen ganz besonders für die gute Organisation und die herzliche Aufnahme und Gastfreundschaft zu danken ist! Vorgeleistet für das alles hatte aber im Vorjahr schon Stefan, der die Neuruppiner auf ihrer Fahrt auf dem Rhein so gut betreut hatte, dass wir nun alle von der Gegeneinladung profitieren konnten. Lieber Stefan, vielen, vielen Dank hierfür. Und schließlich möchte ich mich noch bei allen Teilnehmern der Tour für die freundliche Aufnahme bedanken, denn Frauen gab es in dieser Runde bisher keine. Es hat großen Spaß mir Euch gemacht und das Rudern war toll!
Bericht von Dorothee Folger